Rudolf Bindig Leserbrief zum Bericht „Ich versteh die Welt nicht mehr“ (SZ vom 9.1.2020)
Bonpflicht dient der Steuergerechtigkeit!
Bei der Berichterstattung über die neue Bonpflicht geht leider meist der Zusammenhang verloren, warum diese Maßnahme eingeführt worden ist. Wenn nur die Stimmen der Kritiker genannt werden, könnte leicht der Eindruck entstehen, da haben die „bösen Politiker“ sich mal wieder etwas ausgedacht um Handel, Gewerbe und Gastronomie und die Bürger zu schikanieren. Dies ist aber mitnichten der Fall.
Es geht um die Bekämpfung von - leider flächenhaft verbreitetem - schwerem Steuerbetrug. Fundierte Schätzungen gehen davon aus, dass jährlich rund 10 Milliarden Euro durch falsche Umsatz- und Einkommensangaben betrügerisch hinterzogen und in private Taschen umgeleitet werden.Um die Größe zu verdeutlichen: 10 Milliarden sind die gigantische Summe, von 10 000 Mal eine Million Euro. Das ist mehr als der Bund jährlich für den Bau und Unterhalt von Bundesfernstraßen (Autobahnen und Bundesstraßen) ausgibt.
Die hinterzogenen Steuern fehlen dem Staat zu Wahrnehmung seiner Aufgaben. Um es beispielhaft für die Region konkret zu benennen, man kann eben nicht im Schussental für hunderte von Millionen die B 30 und den Molldietetunnel bauen und die Bahnlinie elektrifizieren und all die anderen Leistungen von Bund, Land und Kommunen erhalten, und tatenlos zusehen, wie dem Staat in großem Umfang durch Steuerbetrug Mittel vorenthalten werden.
Im aktuellen Fall ist zudem schon fest eingeplant, dass ein Teil der erzielten Mehreinnahmen zur Finanzierung der Lebensleistungsrente zur Bekämpfung von Altersarmut verwendet werden soll. Die Bonpflicht erzeugt also mehr Steuergerechtigkeit und hilft bei der Umsetzung wichtiger sozialer Ziele. Dagegen wiegen die Klagen über einige zusätzliche Handgriffe und über verschwendetes Papier gering. Eine einzige Werbedrucksache, die an alle Haushalte verteilt wird, verschwendet mehr Papier als alle Bons, die im Jahr pro Kopf anfallen.
Wundern kann man sich eigentlich nur darüber, dass die Maßnahme erst jetzt eingeführt wird. Andere europäische Länder haben diese Regelungen bereits viel früher und mit noch strengeren Regelungen eingeführt.
Rudolf Bindig, Weingarten, den 11.01.2020
Leicht gekürzt erschienen in der Schwäb. Zeitung vom 11.01.2020